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Meine Geschichte

David, 17 m
 

Ich verletze mich selbst, meistens durch Ritzen. Meine Depressionen und Selbstzweifel werden immer größer und die Selbstverletzung ist mein einziges Ventiel.
 
 
Ich fahre zwar seit ein paar Monaten RC-Modelle um mich abzulenken. Allerdings kann ich mich für jede Bestellung von Ersatz- oder Tuningteilen von meinen Vater blöd anreden lassen. So fährt bei jeder Fahrt auch die Angst mit, dass ich irgendein Ersatzteil brauche und mich wieder blöd anmachen lassen kann. So wird aus einer eigendlich so schönen Ablenkung doch noch ein riesen Theater, warum ich so viel Geld für so etwas sinnloses ausgebe. Ich wünschte ich könnte ihn erklären dass ich nur deshalb so viel Geld für diese Hobby ausgebe, weil ich mich so ablenken kann.
 
Leider hab ich keine gute Beziehung zu meinen Eltern. Wir reden fast überhaupt nicht, und wenn dann über belanglose Themen und sicher nicht darüber, wie ich mich fühle, warum ich mich selbst Verletze oder vor was ich Angst habe. Meine Eltern sind meistens die letzten die von Verletzungen erfahren, wenn sie das überhaupt tun. Meine Erinnerungen an meine Kindheit (damit mein ich den Zeitraum bis ungefähr 8 Jahren, als das Ende meiner Kindheit seh ich den Anfang der 3. Klasse) bestehen Hauptsächlich aus schlechten.
 
Ich habe eine Schwester, 1 ½ Jahre jünger als ich. Früher haben wir uns im Grunde noch gut verstanden. Wir hatten zwar unsere ganz normalen Streiterein unter Geschwister, wenns jedoch Ärger gab haben wir zusammengehalten.
 
Meine Mutter allerdings hat uns wegen dieser Streitereien oft angeschrien. Wir mussten dann in unser jeweiliges Zimmer und uns absolut still verhalten. Taten wir das nicht, gabs oft den Arsch versohlt oder ein paar Watschn.
 
Genauso wenn wir an einen Samstag oder Sonntag Vormittag nicht bis 11 Uhr still waren, dann haben sich unsere Eltern abgewechselt wer uns jetzt schimpfen soll. Ich weis noch wie ich in meinem Zimmer versucht habe Lego zu spielen und möglichst leise war und erschrocken bin wenn ich irgendein Geräusch aus dem Schlafzimmer meiner Eltern gehört habe. Es hätte ja sein können dass ich zu laut war und Ärger bevorstand.
 
Meine Eltern erzählen öfters mal dass ich mal Nachts aus dem Bett in die Küche geschlichen bin und am Wohnzimmer  vorbei musste. Als mich meine Eltern erwischten hab ich gesagt: ,,Ich hau mir den Hintern selber" und hab es dann auch getan. Ich weiss es nicht genau aber ich glaub ich war damals ca. 4 Jahre alt.
 
In der 3. Klasse bekam ich dann die Frau L. als Lehrerin. Sie war die Stiefmutter einer guten Freundin meiner Eltern, die den Vater dieser nur aufgrund ihrer Schwangerschaft heiraten konnte. Auf die Freunfschaft meiner Eltern mit ihrer Stieftochter (mit welcher sie sich ja überhaupt nicht verstand) war diese Frau eifersüchtig. Zumindest ist das meine einzige Logische erklärung warum die mich so gehasst hat.
 
Ich war damals 8 Jahre alt, also in einer wichtigen Phase der psychischen Entwicklung.
 
Ich wollt unbedingt auf die Realschule, was Fr. L. natürlich unterbinden wollte. Sie gab mit regelmäßig schlechte Noten, am Ende schaffte ich es dass ich im Übertrittszeugniss einen Schnitt von 3,33 in den entscheidenden Fächer hatte.
 
Also musste ich eine Aufnahmeprüfung machen. Als „Ermutigung“ bekam ich von ihr mit auf den Weg: „Mach du nur deine Aunfnahmeprüfung, du schaffst sie ja eh nicht, dann siehst du wenigstens was du verpasst“
 
Im Prüfungskomitee saß damals auch Hr. D.. Von ihm hab ich später erfahren die Beruteilung die Fr. L. von mir geschrieben hat so ziemlich das Gegenteil von dem war was zugeroffen hat. Anscheinend hat sie mich als dummen, faulen Jungen beschrieben, der praktisch keine Auffassungsfähigkeit hat und unmöglich für die Realschule geeignet ist. Zum Glück zählte in der Aufnahmeprüfung ihre Meinung nicht.
 
Ich habe dann die Aufnahmeprüfung mit Erfolg bestanden und war stolz darauf (damals konnte ich tatsächlich noch auf etwas stolz sein dass ich geschafft habe). Als ich dann der Fr. L. diese Nachricht überbrachte und auf ein Lob hoffte, bekam ich zur Antwort: „Schön, freu dich halt. Länger als 6 Wochen schaffst du sowiso nicht auf der Realschule. Danach kommst du sowieso auf die Hauptschule.“
 
Das war in der 4. Klasse. Allerdings liefen die beiden Jahre die ich sie als Lehrerin hatte im Grunde die ganze Zeit so.
 
In dieser Zeit hab ich eins gelernt: Egal was passiert, wehr dich nicht. Alleine schaffst du es nicht und dir wird niemals jemand helfen. Wenn du dich wehrst wird alles schlimmer.
 
Ich mache in Gedanken oft meinen Eltern Vorwürfe dass sie mir nicht geholfen haben, habe es ihnen gegenüber jedoch niemals ausgesprochen. Ich glaube dass sie sich selbst überfotdert fühlten.
 
Ich kam also auf die Realschule. Einer Knabenschule in Klosterbestiz.
 
Eine Klasse mit 32 Jungs, die sich alle beweisen wollen.
Und die beste Möglichkeit sich zu beweisen war für diese ihre Kraft zu demonstrieren. Und dass geht am besten an einer Person, von der man keine Gegenwehr erwarter muss und die sich garantiert niemanden anvertraut. Jemanden wie mich. Ich war also ihr Opfer für die nächsten 6 Jahre.
 
Es kenne kaum ein schlimmeres Gefühls als dass in einer Pausenhalle vor 200 oder sogar noch mehr Schülern erniedrigt zu werden. Es sind so viele schlimme Sachen, dass ich die Erinnerungen kaum noch Selektieren kann. Manche sachen haben sich aber eingebrannt.
Wie z. Bsp. Die Tritte von Thomas in die Kniekehlen, der es immer wieder lustig fand wenn ich danach hinfiehl. Teilweise machte er das jeden Tag. Noch heute hab ich deswegen immer wieder schmerzen im Knie.
 
Oder wie es ist wenn sie in der Pausenhalle einen “Schubskreis“ machen in dem man unter gelächter von einer Seite zur anderen geschubst wird bis man sich nicht mehr auf den Beinen halten kann, wonach meistens der Spruch kam „Was am Boden liegt gehört gestiefelt“ was nichts anderes hies als ein paar Tritte.
 
Im Unterricht wars auch nicht besser. Egal was ich sagte, egal ob richtig oder falsch, ich musste mir immer viel Spott anhören. Die Lehrer interessierte es nicht.
 
Und wenn ich mich gewehrt habe hies das meistens noch mehr Ärger. Ich weis noch wie mir Markus im Wahlfach Kochen immer wieder eine Plastikschüssel von hinten auf den Kopf gehaut hat. Irgendwann konnte ich mich nicht mehr beherschen und bin ausgerastet. Ich hab ihn angeschriehen so laut ich konnte, jedoch nicht angepackt oder geschlagen, einfach nur so laut wie möglich angeschriehen. Erst dann hat die Lehrerin reagiert und konsiquenzen gezogen. Allderings nicht für Markus weil er mir die Schüssel auf den Kopf gehauen hat, das hat sie nicht mitbekommen.
 
Sondern meine Eltern durften einige Tage später bei der Schulleitung und dem Klassenlehrer antreten. Ich sollte mich doch in Zukunft besser unter Kontrolle haben, ansonsten müssten sie „pädagigische Maßnahmen“ ergreifen. Unterm Strich hatte ich mehr Ärger als Markus.
 
Ich habe vor ein paar Wochen einen ehemaligen Lehrer gefragt ob es an der Schule mit dem Mobbing schon besser geworden sei oder ob man wenigstens versucht etwas dagegen zu Unternehmen. Eine richtige Antwort hab ich nicht bekommen, nur geschwafel darüber dass jeder zu erst an sich selbst denken soll und jeder mit seinen Proplemen alleine fertig werden soll.
 
Es hat sich also nichts verändert und es wird sich auch nichts verändern. Ich hab mir schon überlegt ob ich den Schulleiter bei der Eröffnungsrede am Tag der offenen  Tür auf das Thema Mobbing anspreche. Dann müsste er endlich darüber nachdenken wie man das Problem angehen könnte und vieleicht müssen dann nicht mehr ein oder zwei Schüler pro Klasse zur allgemeinen Belustigung leiden.
 
Nach der Realschule hab ich meine Kochlehre begonnen.
In der Gastronomie herscht im allgemeinen ein Rauer ton, aber mein Küchencheff übertrifft alles. Er regiert mithilfe von Angst und Drohungen über die Küche, egal ob Lehrlinge oder Gesellen, jeder hat Angst von ihm Ärger zu bekommen. Fast allen Mädls in Küche und Service haut er regeläßig auf den Hintern und den Jungs in der Küche hin und wieder in die Weichteile. Sexistische Sprüche sind Alltag, wer in der Nähe ist wird nur mit Schimpfwörtern angesprochen.
 
Im ersten Lehrjahr bin ich einmal mir blutigem Diarrhoe ins Krankenhaus eingelierfert worden. Die Ärtze sagten mir als Grund langzeitigen Stress.
 
In dieser Zeit hab ich mich auch angefangen zu Verletzen. Ich weiss nicht warum das ein so schönes Gefühl ist, ich hasse und liebe es. Ich will aufhören und dennoch zieht es mich immer wieder zur Klinge. Es tut nicht wirklich weh, zumindest nicht auf die Art und Weise wie eine Verletzung aus Unachtsamkeit. Es ist wie in Trance. Ich spür nur ein Glücksgefühl und eine Tiefe enspannung. In diesen viel zu kurzen Momenten bin ich Glücklich.
 
Und die Schnitte werden tiefer, jedes mal. Ich kann nichts dagegen tun. Es ist eine Sucht. Ich weis dass mich diese Sucht früher oder später in den Tod treibt wenn ich sie nicht überwinden kann, allerdings will ich sie auch nicht wirklich überwinden. Ich will diesen Moment des Glückes erleben. Immer und Immer wieder. Und bin bereit die Folgen zu tragen.
 
Irgendwann hat dann eine Kollegin meine Verletzungen gesehen und darauf reagiert (gesehen haben es sicher  schon viel mehr Persronen, allerdings war es ihnen egal). Danach gabs ein Gespräch von meinen Küchencheff und Hoteldiretktor mit meinen Eltern.
 
Dann ging zur ersten Psychologin. Sie hat es geschafft einen Draht zu mir zu bekommen. Bei ihr war ich ca 6 Wochen in Behandlung bis sie nach München zog, in dieser Zeit hab ich mich auch nicht geritzt. Mit der nächsten konnte ich nichts anfangen und nach einer Woche gings wieder los. Danach kam ich zu einem Psychologen. Der konnte mir zwar auch nicht helfen, aber ich blieb trozdem für ca 4 Monate. Wärend der Zeit hab ich mich auch geritzt, deshalb hab ich die Therapie abgebrochen und versuche alleine zurecht  zu kommen. Eigendlich hätte ich gerne auch eine stationäre Therapie gemacht, wusste aber nicht an wen ich mich wenden sollte. Vieleicht würde eine solche helfen.
 
Ich bin schon lange auf nichts mehr stolz dass ich tu. Auch wenn andere sagen dass ich es gut gemacht habe, so finde ich es doch scheisse. Ich kann nicht sagen: „Jap David, das war gut“, stattdessen seh ich immer nur das negative
 
Mit meiner Schwester verstehe  ich mich heute leider auch nicht mehr so gut. Sie ist eifersüchtig auf die Dinge die ich schon durfte und darf und sie noch nicht, da sie jünger ist. Diese Eifersuch schlägt leider oft in Aggresion um. Ich hoffe dass sich das wieder legt wenn sie älter ist.
 
Eine Freundin habe ich leider nicht. Immer wenn ich eine Bindung zu einer aufbaue kapsle ich mir ihr gegenüber ab, kann nicht mehr offen sein, hab Angst verletzt zu werden.
 
Mein Traum wäre es eigendlich Teilchenphysik zu studiernen und im Bereich der Kernfusionsforschung zu arbeiten. Der erste der mir gesagt hat dass ich dass schaffen kann war mein damaliger Lehrer Hr. N.. Meine Eltern haben mich nie so ermutigt. Selbst jetzt wenn ich ihnen sage dass ich studieren will sagen sie nur ,,Schau erst  mal dass du deine Lehre schaffst." Jeden Zukunftstraum den ich mit ihnen teilen wollte haben die sofort unterbunden und mir zu verstehen zu geben dass sie nicht wirklich an mich glauben.
 
Ich versuche mein Glück zu finden, und hoffe dass ich bis dahin der verlockung eines Suizids wiederstehen kann, denn so verlockend der Tod auch klingt, ich will etwas in meinen Leben erreichen, noch einmal stolz auf mich sein können.

 

11.01.2012
 

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