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Vergangenheit=Gegenwart

secretTear, 15 w
 

Das ist meine Geschichte. Meine Vergangenheit und meine Gegenwart. Denn es gibt in meinem Leben keinen Unterschied zwischen ihnen.

Das ist die ganze Geschichte von mir und ...André.
meine Oma kommt ursprünglich aus Frankreich. Sie lebt zwar jetzt seit gut 6 Jahren wieder in Deutschland, besitzt aber immer noch ihr eigenes Haus in Frankreich.
Früher war ich, wie heute auch, oft mit ihr dort. Ich habe am 10. November Geburtstag und André hatte am 29 Februar. Also war er ca.7 ein halb Monate älter als ich. Wir haben also schon von klein auf miteinander gespielt und uns angefreundet. Die Sprache war kein Problem, da er bilingual erzogen wurde. Wir paßten in dieses typische „Sandkasten-Liebe“ Klischee. Naja, die war es ja auch geworden mit der Zeit. Ich hatte zwar schon immer Xenophobie (Angst vor Berührungen und Menschenansammlungen), aber mit der Zeit gewöhnte ich mich an ihn und es wurde auch besser mit anderen Menschen. Nach Seinem Tod ist es aber noch schlimmer wiedergekommen. Wir haben uns zwar nicht oft gesehen, aber das machte uns beiden nichts aus.
Er hatte schon immer recht lange schwarze Haare und grün blaue Augen. Daher bin ich auch so darauf fixiert. Jedenfalls war eigentlich alles so weit gut, bis er am 14 April 2003 mit 11 Jahren von einem Auto angefahren wurde. Die Folgen waren ein gebrochenes Bein, eine gebrochene Elle (Unterarmknochen) und eine schwerwiegende Quetschung im Rückenmark woraufhin André Taubstumm wurde. Er konnte nur noch sehr wenige Dinge hören (tiefe Töne) und nur unter größten Anstrengungen sprechen. Aber das auch nur sehr undeutlich und Abgehackt. Aus meinem Namen wurde dann „Ktrna“. Als die Brüche soweit verheilt waren, dass er aus dem Krankenhaus nachhause konnte, haben wir uns trotzdem verstanden auch ohne Worte. Und das Klavierspielen gab er auch nicht auf, er wusste ja wo sie die Töne befinden. So spielte er weiterhin „Pink Lady“ und „Für Elise“ für mich. Immer wenn ich ging, nannte er mich beim Namen um mich zu verabschieden. Ich wusste, dass ihm das jedesmal Schmerzen bereitete, aber er tat es immer wieder für mich. Naja, eigentlich wurde uns da erst richtig bewusst, dass zwischen uns etwas anders war. Mittlerweile weiß ich, dass es Liebe war. Klingt zwar jetzt unheimlich kitschig, ist aber so.
Bis zum 26.Oktober 2004 war ja auch soweit alles Okay. Nur dann kam dieser schreckliche 2. Unfall mit dem Bus. Es gab 6 Verletzte, 11 Schwerverletzte und 2 Tote. Der Busfahrer und André. Es kostet mich unglaublich viel Kraft das alles zu schreiben, daher verzeih, wenn das jetzt alles unlogisch wird.
Bevor André vom Haus meiner Oma in Deutschland als er zu Besuch war ging, hatte ich ein ungutes Gefühl und ich versuchte noch seine Abreise zu verhindern, aber vergeblich. Hätte ich gewusst, dass es so endet, hätte ich ihn doch niemals weggehen lassen!! Die Bremsen des Busses waren aber defekt und so riss irgendein Kabel und die Bremse funktionierte überhaupt nicht mehr. Als der Bus dann in einer Kurve über die Leitplanke hinaus fuhr und sich überschlug, explodierte auf einmal der Benzintank. Andrés Körper war total verbrannt und er fiel sofort ins Koma. Der Notarzt und das Krankenhaus konnten nicht mehr viel für ihn tun. Er wurde an all diese schrecklichen, furchtbaren Maschinen angeschlossen und mit Morphium voll gepumpt! Als ich davon erfuhr wollte ich verständlicher Weise zu ihm. Ich wusste nur, dass er wieder in einem Unfall verwickelt war und im Krankenhaus lag. Es war nie die Rede von Koma oder seinem Aussehen! Ich sah ihn dann auf diesem Bettgestell liegen zwischen all diesen Schläuchen und er war nur noch ein Skelett mit blutroten Fleischfetzten daran und verkohltem schwarzen Flecken. Und seine schönen Meergrünen Augen waren durch die große Hitze des Feuers total zerstört! Ich kann diesen Anblick nie mehr vergessen, er verfolgt mich heute noch in meinen Träumen. Verzweifelt versuchte ich zu fragen, wie seine Chancen standen auch wenn mir innerlich bewusst war, dass er das nicht überleben konnte. Doch mir wurde keine Auskunft gegeben. Die Ärzte verstanden mich nicht und meine Oma wollte mich nur von ihm wegzerren! Ich konnte ihn doch so nicht alleine lassen. Also wachte ich in einem Schockzustand 2 Tage und 2 Nächte neben ihm.
Er lag nicht im Wachkoma doch auf einmal sagte er meinen Namen so gut er konnte halt. Doch dann fingen sämtliche Geräte an zu piepsen und rattern und auf einmal stürzten Ärzte und Ärztinnen und Schwestern herein. Ich brach weinend und schreiend zusammen und wurde nur von irgendwem aus dem Zimmer getragen. Dabei bekam ich wohl irgendwie einen Aufsatz für eine Spritze in den linken Unterarm. Die nächsten Tage verbrachte ich wie in Watte gepackt in Trance erst die Beerdigung ist danach wieder klar in meiner Erinnerung. Wenn er mich nicht in Deutschland besucht hätte, wäre er doch nie in diesem Bus gefahren! Ich hätte müssen mehr flehen, dass er noch bleiben könnte! Ich alleine bin Schuld, dass er dort mitfuhr! Nur Ich! Ohne mich würde er noch Leben und Lachen können. Sein Haar würde im Wind wehen und seine Augen im Sonnenlicht funkeln. Doch ich musste ihn ja töten! Der Mensch, den ich am meisten liebte, starb durch meine Schuld! Seitdem verletzte ich mich selbst, um mich zu bestrafen, weil ich so etwas Schreckliches tun konnte. Immer wieder steche ich mich mit Nadeln, denn sie erinnern mich an den Tag, an dem ich sein Leben endgültig beendete! Wenn es mir sehr schlecht geht, will ich seinen Schmerz spüren und ich verbrenne mich dann. Denn er musste diese Schmerzen auch ertagen und somit habe ich den gleichen Schmez verdient. Was soll ich denn noch tun, in dieser Welt? Es reicht doch, dass ich ein Leben zerstört habe! Warum muss ich trotzdem weiterleben? Es hat doch keinen Sinn mehr! Ich kann meine Tat nicht mehr gut machen! Egal, was ich tue, die Zeit ist vergangen. Wenn ich nicht die wenigen Ding hätte, die mir wichtig sind, z.B. meine wenigen Freundinnen, wäre ich mit Garantie nicht mehr hier. Allerdings können sie mir auch nicht wirklich helfen. Sie versuchen zwar alles,aber keiner kann die Zeit zurück drehen, deshalb wird die Vergangenheit immer gegenwärtig sein.

27.07.2008
 

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