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Lebensgeschichte
Anonym, 14 w
Ich hab
keine Ahnung, warum ich das jetzt alles aufschreibe, aber vielleicht
will ich
mir es von der Seele schreiben, ehe ich wieder zur Klinge greife, auch
wenn ich
nachher, nach dem ‚zur Klinge greifen’ immer
Schuldgefühle habe. Außerdem muss
ich ja aufpassen, dass es keiner sieht, die Narben, die schon da sind,
weil
sonst Fragen aufkommen würden, die ich nicht beantworten
kann/will. Ich hab
irgendwann mit einer einzigen Narbe angefangen. Jetzt sind es schon
viele, aber
alle auf einem begrenzten Raum am Unterarm. Meine Mutter ist psychisch
nicht
sehr stabil und ich kann also nicht mit ihr reden. Außerdem
hat sie genug
eigene Probleme. Mit meinem Vater komme ich nicht gut aus, wir streiten
uns
andauernd. Zurzeit ist meine Mutter nicht da, sie ist bei meiner Oma,
da es
dieser schlecht geht. Ich muss die Aufgaben meiner Ma im Haushalt
übernehmen
und da ich das nicht gewöhnt bin, stell ich mich oft dumm oder
ungeschickt an.
Mein Vater regt sich über alles sehr oft auf und wir haben
ständig Streit.
Innerhalb von den vielleicht 10 Tagen, die meine Mutter weg ist, habe
ich mich
wieder mehrfach geritzt und auch angefangen zu heulen. Ich kann
schließlich
nicht einfach sagen, ‚Komm wieder, ich brauch deine
Hilfe’. Und ich will ja
auch nicht in eine Klinik oder so. Mein Bruder ist ja schon da. Ich
wäre dann
die einzig ‚Normale’ aus meiner Familie, aber ich
BIN es nicht. In der
Schul bin ich eher unbeliebt, sogar bei meiner Leidenschaft,
Theaterspielen,
entdecke ich Schattenseiten, weil ich auch da mit Menschen nicht zu
Recht
komme. Es macht mir einfach keinen Spaß. Mein Vater trinkt
oft. Ich hasse es.
In der Schule habe ich eigentlich keine richtigen Freunde,
außerdem ist mein
Ex-Freund in meiner Klasse und oft bin ich einfach neidisch auf die
anderen
Mädchen, die sich besser mit ihm verstehen, als ich es tu,
nachdem er mit mir
Schluss gemacht hat. Wenn ich irgendwem erzählen
würde was los wäre, aus der
Schule, ich wäre wohl für immer
Außenseiterin. Ich will eigentlich damit
aufhören, mit dem Ritzen, aber ich kann nicht. Ich finde immer
Gründe, es nicht
zu tun und dann doch irgendein Gefühl, einen Druck, der fast
sagt: ‚Tu es’. Ich
weiß nicht ob ich süchtig bin. Ich weiß
auch nicht, ob es nicht besser wäre, es
jemandem zu erzählen. Ich weiß nur, dass ich Angst
davor habe, dass es jemand
rausbekommt. Was, wenn mich dann alle auslachen und keiner mehr etwas
mit mir
zu tun haben will? Weil man mich dann als krank abstempelt oder gar als
verrückt? Ich wünsche mir eigentlich, dass ich
jemandem davon erzählen kann.
Deshalb schreibe ich das so auf. So kann ich es erzählen.
Schriftlich. Ich weiß
auch nicht genau, warum ich das jetzt mache, aber vielleicht liegt es
daran,
dass heute der Tag einfach mies war. Ich
würde
gern zurück schreien, wenn mein dad mich anbrüllt,
doch ich kann nicht.
Besonders jetzt nicht. Wir sind halt im Augenblick nur zu zweit und
wenn ich
jetzt auch noch ‚aufmucken’ würde,
würde ich alles schlimmer machen. Deshalb
halte ich den Mund, auch wenn sich dann einfach alles aufstaut. Ich
kann meine
Wut ja nicht laut heraus schreien. Beim Essen heute musste ich fast
weinen,
weil es mir einfach so schlecht ging. Eine unserer Katzen hat mich die
ganze
Zeit angestupst und ich hab nur dagesessen und mich gezwungen, nicht
die Gabel
fallen zu lassen und laut los zu heulen. Ich überlebe, ob das
nicht besser
wäre. Einmal die Emotionen frei zu lassen. Aber das ist mir ja
so nicht
möglich. Ich muss das fröhliche Mädchen zu
Hause und in der Schule spielen,
sonst mach ich mich noch unbeliebter und ich werde ausgefragt, mir
werden
Fragen gestellt, auf die ich keine konkrete Antwort habe oder bei denen
ich zu
weinen anfange. Aber zu erzählen, was los ist und sogar mit
dem Gewissen, dass
andere es lesen können, dass fühlt sich gut an. Es
zeigt, dass ich nicht allein
stehe, auch wenn ich mich Phasenweise wirklich so fühle.
Manchmal denke ich,
ich selbst würde mich ausgrenzen und alles so schlimm machen,
eben aus einer
Mücke einen Elefanten machen. Aber ich weiß nicht,
ob das so ist. Ich kann mir
auch nicht den rat von anderen einholen, es würde niemals nur
zwischen mir und
der anderen Person bleiben. Zeitweise mache ich mir selbst
Vorwürfe und denke:
Tu doch nicht so. Anderen geht es schlechter als dir, du solltest dich
zusammen
reißen und weiter leben, Spaß haben, dich nicht so
hängen lassen, du siehst
dass einfach vie zu Schwarz. Ich suche die Schuld bei mir, nicht bei
anderen.
Wer die Schuld hat, ist egal, weil ich sie sowieso mir geben. Ich habe
Angst,
dass irgendjemand sieht was ich tue. Denn wenn meine Eltern das
erfahren und
meine Mutter deswegen wieder in die Klinik muss… ich
würde mir das nie
verziehen. Deshalb schweige ich. Weil schweigen Gold ist. Aber auch so
schwer
ist, denn ich würde meine Gefühl gern hinaus
schreien. Ganz laut. weiter blättern >>> Übersicht Erfahrungsberichte 101 - 200 Übersicht Erfahrungsberichte 1 - 100 |
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