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Wie im Glaskasten

DragonFly - Schwester

Wann genau fing alles eigentlich an? ich denke es war Dezember 2002, als ich das erste eingeritzte Pentagramm auf dem Handrücken meiner damals noch 14-jährigen Schwester gesehen habe. Und trotzdem habe ich nicht reagiert. Warum? Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung. Es war da und damit war es gut...
 
Nur einen Monat später aber, kam der Schock. Da war es dann nicht nur das Pentagramm was ich sah, sondern auch viele kleine und große Narben auf ihrem Unterarm. Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte ich wieder das gefühl, man hätte mich mit einer Dampfwalze überrollt. Ich erinnere mich noch gut an den ersten Gedanken... "S. hat SVV, und du bist alleine." Seltsam, aber ich wusste schon damals instinktiv, dass ich es meinen Eltern nicht erzählen konnte. Sie hätten es partout nicht verstanden und meine Schwetsr wahrscheinlich in die geschlossene geschleift.
 
Ich tue meinen Eltern mit dieser Behauptung nicht unrecht. Familie bedeutet bei uns leider nur noch ein bloßes nebeneinander her leben. Meine Schwester und ich haben nie das Gefühl vermittelt bekommen, dass wir mit probs zu meinen Eltern gehen könnten. Entweder hieß es "Schätzchen, jetzt nicht." oder "du siehst doch dass ich arbeite." So lernten wir, probleme mit uns selber auszumachen oder uns Freunden anzuvertrauen. Ich tat es auch, machte Probleme immer mit mir selber aus, doch nie wäre ich auf den Gedanken gekommen, mich zu ritzen oder mir selber weh zu tun.
 
Meine Schwester war nie eine Person, die Schwäche zeigte, höchsten ab und zu wenn die Beule dann doch zu groß war oder der Kratzer am Knie doch zu sehr blutete, dann gestattete sie sich ein paar Tränen. Seltsamerweise hat sie seit ihrem 4. Lebensjahr Angst vor Küchenmessern, hat sie seitdem auch nie angefasst...
 
Dieses und viel mehr ging mir durch den Kopf als ich auf die Narben meiner Schwester starrte. Nur eine Woche später versuchte ich, mit ihr darüber zu reden. Fehlanzeige. "Du verstehst es doch eh nicht." war der einzige Kommentar den sie abgab. Von da an gab ich alles. Ich besorgte mir so viele Informationen über SVV wie möglich, sprach mit anderen Betroffenen. Ich wollte meine Schwester doch verstehen und ihr helfen! Ich kam mir vor, wie in einem Glaskasten. Ich saß drin und musste (bzw. muss) dabei zu sehen wie meine geliebte Schwester sich selber verletzt, nur um zu spüren, dass sie noch Gefühle hat, selbst wenn diese nur körperlicher Natur sind (wie sie mir dann doch irgendwann erzählte). Ich ignorierte meine seelischen Schmerz, bis er nicht mehr auszuhalten war. Ich brach innerlich zusammen. Es tat so weh...es tat so unglaublich weh zu wissen, "hier geht jemand zugrunde und du bist allein!" SO verging das ganze letzte Jahr, Ich versuchte, meine Schwester zu einer Therapie zu überreden, gab mir Mühe sie zu verstehen, brach zusammen, raffte mich wieder auf, setzte meine Maske auf damit niemand merkte wie dreckig es mir ging und markierte die starke Tochter und Schwester, brach wieder zusammen, riss mich wieder zusammen, etc... Dabei merkte ich, dass meine Kraft zuende ging. Ich wurde Stück für Stück demontiert. Ich merkte, dass ich kaputt ging. Meine Kraft ging aus und ich machte trotzdem weiter....
 
Ich mache immer noch weiter. Ich kann nicht anders. Wenn ich aufgebe, gestatte ich mir Versagen und das kommt nicht in Frage. Aber ich merke, dass ich nicht mehr kann. Es ist Zeit, das Feld für professionelle Helfer zu räumen. Nach langen Gesprächen mit meinem Freund, habe ich eingesehen, dass auch ich Hilfe brauche. Ich habe mich seelisch kaputt gemacht und zerstöre mich immer weiter. Denn ich kann die Krankheit meiner Schwetsr nicht akzeptieren. Vielleicht werde ich es irgendwann können, ich weiß es nicht...
 
Meine Eltern, die es mittlerweile rausgefunden haben, sind total überfordert. Sie kommen mit der Situation absolut nicht klar. Aber sie suchen die Schuld nicht bei sich sondern bei anderen. Und haben einen Sündenbock gefunden: mich. Hätte ich es ihnen vorher gesagt, hätte man vorher helfen können. Aber wie wenn meine Schwetser jede Hilfe verweigert?!
 
Wir haben noch einen langen Weg vor uns. Und den gehe ich mit meiner Schwester zusammen. Notfalls auch alleine, ohne meine Eltern.
 
29.05.2004
 
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