Kontakt- und Informationsforum für SVV-Angehörige

Forum         Chat         Kontakt         SVV-Seiten         Neues

 
*    Startseite
 
über SVV
*    Informationen
*    Interview
 
professionelle
Hilfe
*    Wege zur Thera
*    Adressen
*    Therapieformen
*    online-Hilfe
 
praktische
Selbsthilfe
*    Ratschläge für
     Angehörige

*    Alternativen zu SVV
*    Tipps
*    Selbsthilfe
 
Austausch über
*    Forum
*    Chat
*    Gästebuch
*    e-Mail
*    andere Foren
 
Erfahrungs-
berichte
*    Betroffene
*    Angehörige
*    kreative Beiträge
 
Literatur
und Medien
*    Bücher
*    Medienberichte
*    Internet
*    SVV-Websites
*    private Homepages
 
weitere
Aspekte
*    Gedanken
*    über diese HP
*    SVV-Projekte
*    Prominente
 
Organisatorisches
*    Technisches
*    Chronologisches
*    Aktualisierung
*    Danke

Plötzlich und unerwartet

Beate, eine Mutter

Wenn mich vor einem Jahr jemand nach meiner Familie gefragt hätte, so hätte ich sie ihm als heile und ohne nennenswerte Probleme beschrieben. Wenn mich heute jemand danach fragen würde, würde ich es fast allen Menschen gegenüber ähnlich formulieren, aber ich weiß, dass es nicht so ist.
 
Vor einem Jahr ist mein Vater an einer Krebserkrankung gestorben. Zu dem Zeitpunkt war meine jüngste Tochter Miriam (13) schon sehr in sich gekehrt; im Umgang mit der Familie abweisend , um nicht zu sagen unfreundlich. Das hielt ich für typisch pubertär. Wenige Wochen später entdeckte ich Abschürfungen an einem Unterarm. Schuld daran war angeblich der Käsehobel. Ich stutze, weil die Abschürfungen großflächig waren und irgendwie untypisch aussahen, dachte aber nicht weiter darüber nach. Kurz darauf neue Wunden, die versteckt werden sollten. Da wusste ich, dass etwas nicht in Ordnung war. Zitat von ihrer HP: "...also nahm ich Scherben... aus den Kratzern wurden Rote Linien..."
Meine älteste Tochter (18) quetschte kurz daraufhin in einem Gespräch die Wahrheit aus ihr raus, und zum Schluss haben sie nicht mehr miteinander geredet, sondern zusammen geweint. Das war das erste und bisher einzige Gespräch, das Miriam mit jemandem aus unserer Familie über sich und ihr SVV geführt hat. Als Auslöser nannte sie den Tod ihres Opas und den fast zeitgleichen Selbstmordversuch einer Brieffreundin.
Anfangs hatte ich schreckliche Angst, sie eines Morgens verblutet in ihrem Bett aufzufinden. Ich hatte keine Ahnung, was da vor sich ging. Ich ging zu unserem Hausarzt und fragte ihn um Rat, diesmal rollten die Tränen bei mir. Er gab mir Adressen von Psychotherapeuten, aber die waren alle nicht für Jugendliche zuständig, und die Wartezeit betrug mehr als ein halbes Jahr. Eine Bekannte, selber Psychotherapeutin, gab mir den Rat, es doch mal bei einer Beratungsstelle zu versuchen. Wir Eltern vereinbarten also ein erstes Gespräch. Man zeigt sich hilfsbereit und erfahren in solchen Dingen. Als Akutfall hatte man Miriam sofort einen Gesprächstermin angeboten. Nur – sie wollte nicht. Deshalb fragte die Therapeutin, ob sie sie denn einmal anrufen und selber fragen dürfte. Ich konnte es nicht fassen, Miriam sagte zu und begann eine Therapie. Das war ein Tag, als mir eine große Last vom Herzen fiel.
 
10 Monate geht Miriam jetzt schon zur Gesprächstherapie. Ihre Therapeutin sagt, dass sie gute Fortschritte macht. Aber ich weiß auch, dass es noch ein schwieriger Weg sein wird, ganz ohne Ritzen auszukommen. Es wird Rückfälle geben, und die Gefährdung sich selbst zu verletzen, wird sie wohl das ganze Leben lang begleiten.
 
Mir geht es im Augenblick gut. „Schuld“ an ihrem SVV gebe ich mir nicht. Für mich als Mutter ist das schlimmste Gefühl immer die Hilfslosigkeit gewesen: Das Szenario zu beobachten, aber absolut nichts tun zu können. Wann immer ich mich in Gedanken auf SVV einlasse, zieht es mich runter. Diese düsteren Gedanken, die empfundene Einsamkeit und Perspektivlosigkeit meiner Tochter kann ich nicht nachvollziehen. Ich habe gelernt, dass es für mich besser und einfacher ist, SVV emotional nicht so dicht an mich ranzulassen. Und wahrscheinlich verdanke ich es alleine dieser Distanz, dass ich nicht selber in Depressionen verfalle.
 
März 2002
 
Übersicht Angehörigenberichte
 

© Rote Linien
Impressum     Nutzungsbedingungen      Disclaimer